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Kopflose Kaulquappen und Krebs – Folgen von Störungen der zellulären Kommunikation

Nr. 72 | 08.12.2005 | von (Koh)

Hochkomplexe biochemische Signalsysteme geben den Zellen des Körpers die Befehle zur Zellteilung, zum Wachstumsstopp oder zur Spezialisierung auf bestimmte Aufgaben. Eines der wichtigsten unter den zellulären Kommunikationssystemen ist der Wnt-Signalweg, der die Embryonalentwicklung steuert, aber auch bei der Tumorentstehung eine Rolle spielt. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums konnten nun eine entscheidende Wissenslücke in der gut erforschten Abfolge dieser biochemischen Signale schließen.

Rund 20 verschiedene Vertreter der Wnt-Proteinfamilie starten eine Signalkaskade, die Befehle von speziellen Andockstellen auf der Zellmembran über das Zytoplasma bis in den Zellkern weiterleiten. Die Zelle reagiert auf das Signal, indem Sie bestimmte Gene an- oder abschaltet. Wissenschaftler um Professor Dr. Christof Niehrs beschreiben in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature den entscheidenden Schritt der Signalweiterleitung von der Zellmembran ins Zellplasma – eine bislang unbekannte Etappe auf dem Weg der Nachrichtenübermittlung. Das Enzym Casein Kinase 1γ (CK1γ), so zeigten sie, ist unerlässlich, um die Wnt-Signale von den Rezeptoren der Zellmembran ins Zellinnere weiterzuleiten.

Bei Wirbeltieren entscheiden Wnt-Signale über die Ausprägung der Körperachsen. Dass CK1γ eine wichtige Komponente des Wnt-Signalwegs ist, zeigten die Heidelberger Forscher an der Wirkung des Enzyms auf Embryonen des Krallenfrosches Xenopus. Wird CK1γ im Froschembryo ausgeschaltet, so entwickeln sich Kaulquappen mit verkümmertem Hinterleib und vergrößertem Kopf. Erhöhen die Wissenschaftler dagegen die CK1γ-Konzentration im Embryo, so resultieren daraus missgebildete kopflose Kaulquappen.

Die Funktion von CK1γ ist in der Evolution hoch konserviert: Eine Blockade von CK1γ unterbricht auch in Zellen der Taufliege Drosophila den Wnt-Signalweg.

Da bei den meisten häufigen Tumorerkrankungen Veränderungen in verschiedenen Genen des Wnt-Wegs beschrieben sind, steht dieser zelluläre Kommunikationsweg im Zentrum des Interesses der Krebsforschung. Je lückenloser die einzelnen Schritte aufgeklärt sind, desto mehr Möglichkeiten bieten sich, mit modernen Therapeutika gezielt in die fehlgeleitete Kommunikation entarteter Zellen einzugreifen.

Publikation: Gary Davidson, Wei Wu, Jinlong Shen, Josipa Bilic, Ursula Fenger, Peter Stannek, Andrei Glinka und Christof Niehrs: Casein kinase 1γ couples WNT receptor activation to cytoplasmic signal transduction. Nature, 8. Dezember 2006

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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