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Erhöhte Neuerkrankungsrate bei Prostatakrebs: Eine Frage der Früherkennung?

Nr. 01 | 11.01.2005 | von (Koh)

Seit rund fünfzig Jahren erkranken in den westlichen Industrienationen immer mehr Männer an Prostatakrebs – und die Patienten werden immer jünger. Dass diese Steigerung zumindest teilweise auf die Einführung von Früherkennungsuntersuchungen zurückzuführen ist, zeigt eine neue Untersuchung* aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum.

Basierend auf den Daten des schwedischen Familienkrebsregisters errechneten die Epidemiologen Professor Dr. Kari Hemminki und Dr. Justo Lorenzo Bermejo, dass sich die Anzahl von Prostatakrebsfällen in Schweden zwischen 1960 und 2002 in etwa verdreifacht hat. Die Steigerung verlief in zwei Phasen: Bis 1995 erhöhte sich hauptsächlich die Erkrankungsrate älterer Männer über siebzig Jahre. Der steile Anstieg der Kurve nach 1995 betraf vor allem jüngere Männer in den Sechzigern. Während der ersten Phase bis 1995 wurden zur Frühdiagnose von Prostatakarzinomen in der Regel Gewebebiopsien durchgeführt. Zeitgleich mit der zweiten Phase des Anstiegs fiel jedoch die Verbreitung des Tests auf prostataspezifisches Antigen (PSA). Es liegt daher nahe, dass diese einfache Blutuntersuchung auch von jüngeren Männern wahrgenommen wurde, die noch keine Symptome einer Krebserkrankung zeigen. Dass dabei sehr frühe Karzinome entdeckt werden, könnte den Anstieg zumindest teilweise erklären. Eine ähnliche Steigerung der Erkrankungsraten wurde z. B. bei Brustkrebs nach Einführung des Mammographie-Screenings und bei Gebärmutterhalskrebs nach Beginn der Früherkennung durch den PAP-Abstrich beobachtet.

Auch das familiäre Krebsrisiko wird durch die Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen beeinflusst. Hemminki und Lorenzo Bermejo analysierten die Daten von Brüderpaaren, die jeweils beide von Prostatakrebs betroffen waren. Erkrankt einer der Brüder, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich der andere aus Sorge um die eigene Gesundheit einer Früherkennungsuntersuchung unterzieht. Dabei werden möglicherweise Karzinome entdeckt, die sich noch durch keinerlei Symptome bemerkbar machten und unter anderen familiären Umständen erst Jahre später oder eventuell gar nicht erkannt worden wären.

Wegen dieses Effekts, so geben die Wissenschaftler zu bedenken, ist auch bei der Analyse von Daten zum genetischen Krebsrisiko Vorsicht geboten: Das menschliche Verhalten unterliegt vielen Einflüssen, die sich in der Krebsstatistik niederschlagen und auf den ersten Blick fälschlicherweise als Einfluss der Gene gedeutet werden könnten.

* Kari Hemminki, Rajesh Rawal und Justo Lorenzo Bermejo: Prostate Cancer Screening, Changing Age-specific Incidence Trends and Implications on Familial Risk. International Journal of Cancer 113, 312; 2005

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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