Bereits über 23.000 Teilnehmer an der Studie "Gesundheit, Ernährung, Krebs" in Heidelberg
Noch bis Ende Oktober 1998 werden Einwohner von Heidelberg und Umgebung vom Deutschen Krebsforschungszentrum nach ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Seit Ende 1994 wurden bereits mit über 23 000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen Interviews zu Ernährungs- und Lebensstilfragen geführt, begleitet von Blutentnahmen, Blutdruck- und Körpermessungen. Seit kurzem sind auch Bürger aus Schwetzingen und Sandhausen in die Studie einbezogen, die über ein Zufallsverfahren aus den Einwohnermelderegistern ausgewählt werden.
Die Heidelberger Studie "Gesundheit, Ernährung, Krebs", die von den Mitarbeitern der Abteilung Epidemiologie des Krebsforschungszentrums durchgeführt wird, ist Teil eines großen europäischen Programms und dient der Erforschung der Zusammenhänge von Ernährungsfaktoren und Krebs. In Deutschland wird die Studie in den Regionen Potsdam und Heidelberg durchgeführt, jeweils mit der Teilnahme von etwa 25 000 Einwohnern. Außerdem laufen Studien in Spanien, Italien, Griechenland, Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Dänemark und Schweden. Europaweit werden somit 425 000 Menschen nach ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Die Teilnehmer an der Studie werden nach der ersten Befragung über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren weiterbeobachtet. In etwa zweijährigen Intervallen wird mit Hilfe eines Fragebogens der aktuelle Gesundheitszustand der Teilnehmer abgefragt. Die erste Runde der Nachbefragung hat bereits letztes Jahr begonnen. Die Rücklaufquote der Fragebögen beläuft sich erfreulicherweise auf 90 Prozent.
Daß Ernährung einen entscheidenen Einfluß auf die Krebsentstehung hat, ist heute unumstritten. Es ist bekannt, daß die Ernährungsweise in den südeuropäischen Ländern mit einer geringeren Erkrankungsrate für bestimmte Krebsarten, zum Beispiel Darmkrebs, einhergeht. Genauere Aussagen über die dafür verantwortlichen Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteile sollen durch die europäische Langzeitstudie möglich werden, mit der ein Vergleich von landestypischen Ernährungsweisen und den Erkrankungshäufigkeiten der befragten Einwohner gezogen werden kann. Wichtig ist zum Beispiel, die Rolle der Fettanteile in unserer Nahrung für die Krebsentstehung aufzuklären, die Schutzwirkung verschiedener Vitamine für einzelne Krebsarten, das Auftreten krebserregender Stoffe beim Braten und Kochen oder etwa die Auswirkung des Alkoholkonsums auf die Gesundheit.
Alkohol als Risiko für Krebs des oberen Verdauungstraktes und der oberen Atemwege gilt als gesichert. Wahrscheinlich ist jedoch auch eine Erhöhung des Risikos für Brust- und Darmkrebs durch Alkohol. Auf der anderen Seite wird auch über gesundheitliche Vorteile durch mäßigen Konsum von Alkohol berichtet, was wiederum vor allem auf das verminderte Risiko für koronare Herzkrankheiten und damit auch den Herzinfarkt zurückgeführt wird. Welcher Effekt überwiegt aber, und bei welcher Alkoholdosis? Reichen die Erkenntnisse aus, um mäßiges Trinken von Alkohol, also etwa eine regelmäßige Aufnahme von etwa zehn Gramm pro Tag, zu rechtfertigen? Diese und andere Fragen sollen durch die wissenschaftliche Auswertung des umfangreichen Datenmaterials beantwortet werden.
Das Blut, das den Teilnehmern im Studienzentrum im Gesundheitsamt in Heidelberg abgenommen und in flüssigem Stickstoff tiefgefroren wird, wird anonymisiert und dient der Messung von Blutspiegeln, von Nahrungsmittelbestandteilen und ihrer Umbauprodukte (Vitaminspiegel, Blutfette u.a.) oder der Identifizierung sogenannter biologischer Marker, die einen Hinweis auf ein individuelles Krebsrisiko geben können. Ende dieses Jahres wird die wissenschaftliche Auswertung beginnen. Im Frühjahr 1999 sollten dann die ersten
Ergebnisse aus Heidelberg vorliegen, die Auskunft über die Ernährungsgewohnheiten der Heidelberger Bevölkerung geben können.
Das Studienteam des Deutschen Krebsforschungszentrums hofft, daß die hohe Teilnahmebereitschaft der Bevölkerung aus Heidelberg und den Umlandgemeinden bis Ende Oktober anhält und die Teilnehmer an der Studie, die nachbefragt werden, motiviert sind, ihre Fragebögen ausgefüllt zurückzuschicken.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:
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