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Neue Kombinationstherapie bei AIDS?

Ein Eiweißbaustein könnte die antivirale Therapie ergänzen

Nr. 17 | 26.06.1997 | von (wal)

Der Wirkstoff eines gängigen Medikaments gegen Bronchitis könnte in Zukunft die Behandlung von AIDS-Patienten verbessern, erwartet Professor Wulf Dröge, Leiter der Abteilung Immunchemie des Deutschen Krebsforschungszentrums. Die Einnahme des kostengünstigen N-Acetyl-Cysteins (NAC), so der Name der Substanz, könnte die Behandlung mit den relativ teuren antiviralen Medikamenten, die das Virus direkt bekämpfen, ergänzen. Dies würde eine gezieltere und zeitlich begrenztere Einnahme der antiviralen Medikamente ermöglichen und dadurch die Behandlung insgesamt kostengünstiger machen.

Kürzlich wurde dieser von Dröge vorgeschlagenen Behandlung mit N-Acetyl-Cystein auch das Patent für die USA erteilt. Achtzig Prozent der Rechte des Patents gehören dem Krebsforschungszentrum, zwanzig Prozent Dr. Leonore und Dr. Leonard Herzenberg von der Stanford Universität in Kalifornien.

Erste Hinweise, daß NAC die Lebenserwartung von AIDS Patienten verlängern könnte, kommen von einer von Leonore und Leonard Herzenberg durchgeführten klinischen Studie. Die Therapie beruht auf der von Dröge gemachten Beobachtung, daß HIV-Patienten einen Mangel der miteinander verwandten schwefelhaltigen Eiweißbausteine Cystein und Cystin aufweisen. Wulf Dröge und seine Mitarbeiter haben inzwischen auch die Wirkungsweise der Behandlung mit NAC intensiv untersucht mit folgenden Ergebnissen:

Bei einer Reihe von Krankheiten mit unterschiedlichen Ursachen, darunter AIDS und Krebs, geht der körperliche Verfall, unter anderem der Abbau von Muskeleiweiß und Fehlfunktionen des Immunsystems, mit dem Abfall der Cystin-Werte im Blut einher. Cystein ist ein Baustein von Eiweißen, der auch in der Regulation des Eiweißhaushaltes eine wichtige Rolle spielt. Bei AIDS-Patienten fallen kurz vor Ausbruch der Erkrankung sowohl der Cystin-Spiegel als auch die Zahl der CD4+ Zellen des Immunsystems im Blut. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß durch den niedrigeren Cystin-Spiegel die Abwehrkraft des Immunsystems zunächst nur geringfügig beeinträchtigt wird. Dies könnte jedoch dafür ausreichen, daß das Virus nach Jahren des erfolglosen Kampfes mit dem Körper schließlich die Oberhand gewinnt.

Dröge und seine Mitarbeiter konnten bereits zeigen, daß die Gabe von NAC, in einer auf den einzelnen Patienten abgestimmten Dosis, nicht nur den Cystin-Spiegel, sondern auch die Spiegel anderer Eiweißbausteine normalisieren kann, die für den Erhalt der körperlichen Konstitution eine wichtige Rolle spielen. Dafür entwickelten die Wissenschaftler eine Methode, mit der sich die für den einzelnen Patienten erforderliche NAC-Dosis ermitteln läßt.

Ob die Einnahme von NAC tätsächlich helfen kann, den Ausbruch der Erkrankung bei AIDS-Patienten aufzuhalten, untersuchen Professor Eggert Holm, Klinikum der Stadt Mannheim, und Professor Wulf Dröge zur Zeit in zwei klinischen Studien der Phase III. Erste Ergebnisse dieser Studie erwarten Dröge und Holm Mitte nächsten Jahres.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, Interessierte und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.

Um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Patientinnen und Patienten zu verbessern, betreibt das DKFZ gemeinsam mit exzellenten Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen in ganz Deutschland Translationszentren:

  • Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT, 6 Standorte)
  • Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK, 8 Standorte)
  • Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) Heidelberg
  • Helmholtz-Institut für translationale Onkologie (HI-TRON) Mainz – ein Helmholtz-Institut des DKFZ
  • DKFZ-Hector Krebsinstitut an der Universitätsmedizin Mannheim
  • Nationales Krebspräventionszentrum (gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe)
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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