Präventionsforschung als Chance für unsere Gesundheit
Krebs kann jeden treffen. Denn der Zufall spielt bei dieser Erkrankung eine wichtige Rolle. Doch jeder kann auch etwas dafür tun, sein individuelles Risiko zu senken: Auf das Rauchen verzichten, körperliche Aktivität, ausgewogene Ernährung und ein gesundes Körpergewicht sind nur einige Beispiele. Auch Impfungen gegen krebserregende Viren senken das persönliche Krebsrisiko. Etwa zwei von fünf Krebserkrankungen könnten durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden. Wenn es darum geht, fortgeschrittene Krebserkrankungen zu verhindern, kommt der Früherkennung eine wichtige Rolle zu: Mit ihrer Hilfe lassen sich bestimmte Tumoren häufig schon in einem frühen und meist vollständig heilbaren Stadium entdecken. Zusammengenommen könnten Früherkennung und vorbeugende Maßnahmen bis zu drei von vier krebsbedingten Todesfällen verhindern. Dieses enorme Potenzial gilt es in Zukunft noch besser auszuschöpfen. Welchen Beitrag die Wissenschaft dazu leisten kann, haben internationale Experten aus allen Gebieten der Krebsprävention im Rahmen einer vom DKFZ veranstalteten, virtuellen Konferenz diskutiert. Stellvertretend für zahlreiche neue Ansätze und Strategien stellen wir je ein Beispiel aus den drei großen Bereichen der Krebsprävention vor.
Primärprävention: Krebserkrankungen verhindern

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Um das Potenzial der Krebsprävention bestmöglich auszuschöpfen, ist es wichtig, alle Bevölkerungsschichten zu erreichen. Noch gelingt das nicht immer. So nehmen zum Beispiel in Großbritannien deutlich weniger sozial benachteiligte Menschen die Darmkrebsvorsorge in Anspruch als Menschen aus privilegierteren Bevölkerungsgruppen, wie Alison Cox erläuterte, die bei Cancer Research UK für den Bereich Krebsprävention verantwortlich ist. Es gehe deshalb nicht nur darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, welche Maßnahmen das Krebsrisiko senken. Die Menschen müssten auch dabei unterstützt werden, diese Veränderungen tatsächlich umzusetzen. Hier kommt der Gesundheitspolitik eine wichtige Rolle zu. Ein Beispiel dafür ist das Thema Ernährung. Denn starkes Übergewicht ist ein Risikofaktor für Krebs und zahlreiche weitere Erkrankungen. Cox erklärte, dass Steuern auf zuckerreiche Getränke oder Werbeeinschränkungen für ungesunde Nahrungsmittel Werkzeuge sein könnten, die dazu beitragen, insbesondere Kinder vor Fettleibigkeit zu bewahren und dadurch auf lange Sicht ihr Krebsrisiko zu senken.
Sekundärprävention: Krebs früh erkennen

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Das Risiko, an Krebs zu erkranken, ist nicht für alle Menschen gleich hoch. So kann zum Beispiel eine familiäre Vorbelastung für Brustkrebs vorliegen. Sollten betroffene Frauen dann häufiger zur Früherkennung gehen oder anders untersucht werden als Frauen mit niedrigerem Risiko? Suzette Delaloge vom Institut Gustave Roussy in Paris stellte auf der Konferenz MyPeBs vor, eine internationale Studie, mit der Forscher diese Frage beantworten möchten. Sie vergleichen dabei das in fünf verschiedenen Ländern standardmäßig angebotene Brustkrebsscreening mit einer personalisierten Früherkennung für Frauen von 40 bis 70, die das individuelle Risiko jeder Teilnehmerin berücksichtigt. Liegen bestimmte krebsfördernde Genvarianten vor? Oder sind Krebsfälle bei Verwandten aufgetreten? Diese und weitere Risikofaktoren entscheiden darüber, wie oft und mit welchem Verfahren die Frauen untersucht werden. Nach Aufnahme in die Studie findet die Mammografie in der Gruppe mit dem geringsten Risiko erst nach vier Jahren statt. Ein sehr hohes Risiko führt hingegen zu einer jährlichen Untersuchung, die dann noch durch eine Magnetresonanztomografie ergänzt wird. In dieser Gruppe sollen durch das risikoadaptierte Untersuchungsschema im Idealfall mehr Tumoren frühzeitig entdeckt werden, während bei der weitaus größeren Gruppe von Frauen mit niedrigem Risiko weniger häufige Früherkennungsuntersuchungen ausreichen.
Tertiärprävention: Krankheitsfolgen mildern und Rückfälle vermeiden

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Viele Menschen, die an Krebs erkranken, leiden während der Therapie, aber auch danach unter extremer Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Fachleute bezeichnen diese besonders schwere Form der Erschöpfung als Fatigue. Ursache können sowohl der Tumor selbst als auch die Therapie sein. Julienne Bower, University of California Los Angeles, untersucht die biologischen Mechanismen hinter der krebsbedingten Fatigue. Sie möchte Risikofaktoren identifizieren und Ansätze entwickeln, mit denen sich die Symptome lindern lassen. Ihre Studien mit Brustkrebspatientinnen deuten etwa darauf hin, dass zu den Auslösern auch Entzündungsreaktionen im Körper zählen, die unter anderem infolge der Therapie auftreten können. Aber auch psychosoziale Faktoren nehmen offenbar Einfluss darauf, ob und wie schwer Krebspatientinnen von Erschöpfung betroffen sind. Hilfe versprechen demnach ganz unterschiedliche Ansätze: So bringt bei einigen Patientinnen körperliche Aktivität Linderung, aber auch Entspannungsübungen oder Meditation können entlastend wirken.
Drei Fragen an Dr. Ursula Will
Drei Fragen an Dr. Ursula Will, Medizinische Leitung Präventionsambulanz im Nationalen Krebspräventionszentrum